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kk: Die fortgespülte Menschlichkeit

Die fortgespülte Menschlichkeit

„Gewöhnlich ist ein Leichnam ein stummes, unansehnliches Ding. Es gibt aber Leichen, die lauter reden als Posaunen und heller leuchten als Fackeln.“ – Rosa Luxemburg

Der leblose Körper eines syrischen Flüchtlingskindes, ertrunken auf der illegalen Überfahrt vom türkischen Bodrum zur griechischen Insel Kos, ausgespuckt vom Meer wie Plastikmüll oder Muschelschalen. Ein kleines Kind, äußerlich so unversehrt, dass man es aufheben, ihm über den Kopf streicheln und ihm zurufen möchte: „Geh spielen, bau dir eine Burg aus Sand, kleiner Mann!“
Das Foto des kleinen Aylan (3) aus Kobane ist zum Symbol geworden für die Flüchtlingskrise, die Europa spaltet. Es ist das Zeugnis einer Tragödie. Aber kann das schreckliche Schicksal des Kindes auch etwas Gutes bewirken? Kann das eindringliche Foto sogar die Welt verbessern? Es gab in jeder Krise, jedem Konflikt Bilder, die etwas schafften, was Demonstrationen, Politikerreden und Todeszahlen nicht vermochten: das Herz und das Gewissen der Menschen zu berühren. Durchzudringen durch Gleichgültigkeit, Angst, Ablehnung, Überforderung. Die so stark waren, dass politische und wirtschaftliche Interessen vorübergehend in den Hintergrund rückten. Bilder, bei denen Wegschauen einem Verrat an der Menschlichkeit glich. Vielleicht hat sich Angela Merkel beim Anblick dieses Fotos an ihre evangelischen Tugenden erinnert, stammt sie doch aus einer evangelischen Familie und ihr Vater war Pfarrer im damals ostdeutschen Templin. Angela Merkel im Originalzitat:
„Was sich zur Zeit in Europa abspielt ist keine Naturkatastrophe. Aber wir erleben viele katastrophale Situationen und unfassbares Gräuel. Gräueltaten, die man gar nicht fassen kann, die unsere Vorstellungskraft übersteigen, wie in Österreich”. Und vielleicht kamen ihr die Worte Jesu in den Sinn als er sagte: „Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken all deiner Kraft. Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.“ In der Hoffnung auf eine bessere Welt, in der die Liebe das Sagen hat
Heimo Korber

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